Wie bei einer Erbschaft handelt es sich auch bei einem Vermächtnis um eine Übertragung von Vermögenswerten durch Todesfall. Ein Vermächtnis wird ebenfalls wie eine Erbschaft mithilfe eines Testaments beziehungsweise Erbvertrags geregelt. Dennoch wissen viele nicht die Unterschiede zwischen einer Erbschaft und einem Vermächtnis. Wir haben für Sie die wichtigsten Informationen zusammengefasst.
Erbe vs Vermächtnis – was ist der Unterschied
Ein Erbe hat juristisch gesehen eine stärkere Position als der Begünstigte eines Vermächtnisses, denn als Erbe gelten Sie als offizieller Rechtsnachfolger des Verstorbenen und erhalten die Besitzrechte an dem Ihnen im Testament zugesprochenen Teil des Nachlasses. Durch ein Vermächtnis hat ein Erblasser die Möglichkeit, Gegenstände und Vermögenswerte an Verwandte, Freunde oder Organisationen zu vermachen, ohne dass diese als offizielle Erben gelten.
Umkehrt bedeutet diese Rechtslage, dass die im Vermächtnis begünstigte Personen nicht automatisch als Besitzer der ihnen vermachten Gegenstände gelten, sondern den Besitzanspruch gegenüber den Erben einfordern müssen. Diese sind verpflichtet, die Besitzrechte an die im Vermächtnis bestimmte Person zu übertragen.
Warum entscheiden sich viele Menschen für ein Vermächtnis ?
Die größten Vorteile eines Vermächtnisses sind die Flexibilität und Kontrolle, die dem Erblasser durch ein Vermächtnis gewährleistet wird. So kann der Erblasser ganz gezielt einzelne Gegenstände oder andere Vermögensvorteile an bestimmte Personen vermachen.
Außerdem können bei einem Vermächtnis auch Personen eingesetzt werden, die sonst nicht für eine Erbschaft infrage kommen. Dazu zählen zum Beispiel Freunde, entfernte Verwandte oder auch gemeinnützige Organisationen. Gerade bei letzteren wird ein Vermächtnis auch aufgrund steuerrechtlicher Gründe erwogen.

Vermächtnis im Testament oder Erbvertrag im Testament formulieren
Nicht in jedem Testament ist klar formuliert, was zu einer Erbschaft oder einem Vermächtnis gezählt wird. Viele Testamente enthalten Vermächtnisse, ohne dass dies dem Erblasser bewusst ist.
Wenn ein Testament zum Beispiel die Formulierung, „mein Neffe soll mein Auto erben“, enthält, wird dies juristisch nicht als Erbschaft, sondern als Vermächtnis betrachtet, da Sie einen spezifischen Gegenstand an eine bestimmte Person vermachen.
Damit in Ihrem Testament alle Formulierung und Bestimmungen klar und deutlich formuliert werden, sollten Sie sich von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten lassen. So können Sie sicher sein, dass die Verteilung Ihres Nachlasses genau Ihren Vorstellungen entspricht. Wenn Sie mehr über das richtige Verfassen von Testamenten erfahren wollen, können Sie das hier nachlesen.
Was kann durch Vermächtnis übertragen werden?
Grundsätzlich können alle im Besitz des Erblassers befindlichen Gegenstände durch ein Vermächtnis an andere Personen übertragen werden. Neben Wertgegenständen und Geld zählen dazu auch Nutzungsrechte an einer Immobilie:
- Geld
- Hausrat
- Schmuck
- Immobililen
- Wohnrecht
- Nießbrauch
Arten von Vermächtnissen
Es gibt eine Menge unterschiedlicher Arten von Vermächtnissen, die in den jeweils verschiedenen Situationen zur Anwendung kommen. So wird gewährleistet, dass der Erblasser seinen Nachlass auch wirklich gemäß seinen Wunschvorstellungen verteilen kann. Im Folgenden gehen wir auf die wichtigsten Vermächtnisformen ein.
Vorausvermächtnis
Einer der häufigsten Vermächtnisformen ist das sogenannte Vorausvermächtnis. Hierbei wird ein im Testament bestimmter Erbe ebenfalls als Vermächtnisnehmer bestimmt, ohne dass das im Vermächtnis bestimmte Vermögen auf den Erbteil berechnet wird.
Sie können zum Beispiel als Erblasser bestimmen, dass Ihre beiden Kinder Ihr gesamtes Vermögen zu jeweils gleichen Teilen erben sollen, die Tochter aber zusätzlich das Ferienhaus per Vermächtnis erhält. Beachten Sie jedoch dabei, dass die anderen Kinder gegebenenfalls einen Pflichtteilsanspruch geltend machen können. Um Konflikte zu vermeiden, sollten Sie sich vorab von einem Anwalt für Erbrecht beraten lassen.
Wahlvermächtnis
Bei einem Wahlvermächtnis können Sie als Erblasser dem Vermächtnisnehmer die Wahl zwischen verschiedenen Gegenständen geben. Sie können zum Beispiel Ihre Nichte per Wahlvermächtnis zwischen dem Aktienpaket und einem Geldbetrag wählen lassen.
Die Wahl des vermachten Gegenstands muss dabei nicht zwangsläufig in der Verantwortung des Vermächtnisnehmers liegen, sondern kann auch durch dritte Personen – zum Beispiel einen Testamentsvollstrecker – getroffen werden. Die entsprechenden Regelungen müssen nur deutlich im Testament ausformuliert sein.

Auflagenvermächtnis
Sie können die Auszahlung Ihres Vermächtnisses auch an bestimmte Auflagen knüpfen. Ohne die Erfüllung des Vermächtnisses hat der Vermächtnisnehmer keinen Anspruch auf die für ihn bestimmte Zuwendung.
Der Erblasser kann zum Beispiel seinem Enkel 20 000 € unter der Auflage vermachen, dass dieses Geld ausschließlich für die Finanzierung eines Studiums verwendet wird.
Untervermächtnis
Eine weitere Form des Vermächtnisses ist das sogenannte Untervermächtnis. Bei diesem wird die Auszahlung des Vermächtnisses an die Realisierung eines weiteren Vermächtnisses geknüpft.
So kann zum Beispiel im oberen Beispiel der Erblasser bestimmen, dass seine Tochter das Ferienhaus nur erhält, wenn sie den anderen Kindern jeweils 10 000 € auszahlt.
Nachvermächtnis
Ein Nachvermächtnis kann sinnvoll sein, wenn man nicht sicher ist, ob die im Vermächtnis begünstigte Person zum Zeitpunkt der Testamentseröffnung noch leben wird oder generelle Zweifel bestehen, ob die Person das Vermächtnis überhaupt annehmen wird.
In einem solchen Fall sollten Sie ein Nachvermächtnis formulieren und so eine Person bestimmen, die als Ersatz das Vermächtnis antreten soll.
Universalvermächtnis
Als Erblasser können sich auch faktisch einer Person den gesamten Nachlass per Vermächtnis übertragen. Dazu wird ein Universalvermächtnis verwendet. In der Praxis wird diese Form des Vermächtnisses vor allem bei der Vererbung von Unternehmen eingesetzt, da so verhindert werden kann, dass das Unternehmen an mehrere Personen vererbt wird und so gegebenenfalls aufgelöst oder zerschlagen wird.
Wohnrechtsvermächtnis
Eine weitere wichtige Form des Vermächtnisses ist das Wohnrechtsvermächtnis, welches häufig bei der Vererbung von Immobilien zur Anwendung kommt. Durch das Wohnrechtsvermächtnis kann gewährleistet werden, dass zum Beispiel der überlebende Ehepartner weiterhin im Familienheim wohnen bleiben kann, auch wenn andere Personen als rechtmäßige Besitzer des Hauses bestimmt werden.
Das so erhaltende Wohnrecht ist unveräußerlich und wird auch nicht aufgehoben, wenn das Haus verkauft wird. Selbst größere Renovierungsarbeiten müssen von den neuen Besitzern übernommen werden.

Nießbrauchvermächtnis
Das Nießbrauchvermächtnis funktioniert prinzipiell wie das Wohnrechtsvermächtnis, geht über dieses jedoch noch hinaus. Der Begünstigte kann hier nicht nur in der Immobilie bis zu seinem Todesfall wohnen bleiben, sondern diese auch gewerblich nutzen. Alle Einnahmen – dazu zählen auch Mieteinnahmen, falls die neuen Besitzer das Haus vermieten – gehen dabei an den Nießbraucher.
Vermächtnis und Erbschaftssteuer
Auch wenn ein Vermächtnis juristisch nicht als Erbschaft betrachtet wird, handelt es sich um eine Verfügung von Todes wegen und unterliegt damit auch der Erbschaftssteuer. Hierbei gelten die gleichen Freibeträge und Steuerklassen wie bei einer ordinären Erbschaft. Mehr über das Thema Erbschaftsteuer erfahren Sie in diesem Artikel (link).
Allerdings gibt es auch Szenarien, wo ein Vermächtnis aus steuerrechtlichen Gründen erwogen wird.
Vermächtnis als Spende
Ein Vermächtnis kommt häufig zum Einsatz, wenn als Begünstigter keine Person, sondern eine gemeinnützige Organisation eingesetzt werden soll. Solche Übertragungen eines Vermögensvorteils für eine gemeinnützige Organisation sind in der Regel immer von einer Erbschaftssteuer befreit.
Vermächtnis und Schulden
Gerade bei einem verschuldeten Nachlass kann der Einsatz eines Vermächtnisses sinnvoll sein, um zu gewährleisten, dass bestimmte Personen trotzdem Gegenstände des Nachlasses erhalten, auch wenn Dieser Verschuldet ist.
Da ein Vermächtnisnehmer juristisch nicht als Erbe betrachtet wird, übernimmt er auch keine Verantwortung für die Schulden des Erblassers. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Gegenstand des Vermächtnisses selbst verschuldet ist. Wenn zum Beispiel ein noch nicht abgezahltes Haus per Vermächtnis vermacht wird, muss der Begünstigte in der Regel für die Zahlungen aufkommen – außer es ist anders im Testament bestimmt.
Wie erfahre ich von einem Vermächtnis?
In der Regel ist das jeweilige Nachlassgericht für die Benachrichtigung über das Vermächtnis zuständig. Daher kann es hilfreich sein, wenn Sie die genaue Anschrift des Begünstigten im Testament festhalten, so hat es Nachlassgericht wesentlich einfacher, die Person aufzuspüren.
Verjährung des Vermächtnisses
Als Begünstigter eines Vermächtnisses haben Sie drei Jahre Zeit, Ihren Anspruch bei den Erben geltend zu machen. Nach dieser Frist von drei Jahren können die Erben die Herausgabe des Vermächtnisses verweigern.
Ausschlagung des Vermächtnisses
Da es sich bei einem Vermächtnis um keine Erbschaft im klassischen Sinne handelt, gibt es keine Frist zur Ausschlagung des Vermächtnisses. Wenn Sie das Vermächtnis nicht annehmen wollen, machen Sie einfach Ihren Anspruch gegenüber den Erben nicht geltend.
Ihr individuelles Vermächtnis – Topberatung mit den Anwälten von Recht auf Pflichtteil
Die Formulierung eines Vermächtnisses ist eine juristisch komplexe Angelegenheit. Viele Testamente enthalten Vermächtnisse, ohne dass dies dem Erblasser bewusst ist. Umgekehrt scheitern viele Vermächtnisse an einer nicht eindeutigen Formulierung.
Wer die vielfältigen Möglichkeiten der verschiedenen Vermächtnisse voll ausnutzen möchte, sollte sich von einem Fachanwalt für Erbrecht beraten lassen. Das gilt insbesondere für hoch dotierte Vermächtnisse, mit welchen zum Beispiel ein Unternehmen oder Immobilien vermacht werden sollen. Die Partnerkanzleien von Recht auf Pflichtteil sind auf das Erbrecht spezialisiert und haben bereits unzählige Klienten bei der Organisation ihres Nachlasses unterstützt. Profitieren auch Sie von unserer Expertise und vereinbaren Sie noch heute einen kostenlosen Beratungstermin!

