Der Todesfall eines nahestehenden Menschen ist für die Meisten eine schwere Lebensphase. Neben der Trauer müssen aber auch erbrechtliche Angelegenheiten geklärt werden. Wer ist erbberechtigt? Wie sieht die Erbfolge aus? Hat der Verstorbene ein Testament hinterlassen? Bei Recht auf Pflichtteil klären wir Sie über den Erbschein auf und zeigen Ihnen, was Sie bei einer Erbschaft alles beachten müssen!
Was ist ein Erbschein?
Bei einem Erbschein handelt es sich um ein amtliches Zeugnis, welches Sie als erbberechtigte Person ausweist. Dieser Nachweis wird immer wieder in verschiedenen Situationen verlangt und ist vor allem für die Verwaltung des Nachlasses unabdingbar. Dazu zählen etwaige Bankgeschäfte oder auch Auseinandersetzungen mit dem Grundbuchamt.
Ein Erbschein muss immer beantragt werden, denn sie werden nicht von dem Nachlassgericht freiwillig ausgestellt. Dabei ist es egal, ob Sie aufgrund einer testamentarischen Verfügung oder der gesetzlichen Erbfolge zum Erben bestimmt worden sind.

Wann braucht man einen Erbschein?
Den Erbschein als Nachweis Ihrer Erbposition brauchen Sie nicht in allen Fällen. Dennoch wird dieser immer wieder verlangt, gerade wenn es um die Verwaltung des Nachlasses geht und wo Sie sich als gesetzmäßiger Erbe ausgeben müssen.
Oftmals wird der Erbschein bei der Auseinandersetzung mit folgenden Personen beziehungsweise Institutionen wichtig:
- Mieter/Vermieter einer Vererbten Immobilie
- Banken und Versicherungen
- Geschäftspartner, wenn zum Beispiel ein Unternehmen vererbt wird.
- Behörden
Beispiel Verwendung eines Erbscheins
Angenommen, eine Ihnen nahestehende Person verstirbt und hinterlässt ein Konto bei einer Bank. Als Erbe möchten Sie den Betrag auf dem Bankkonto nutzen, um die Beerdigungskosten zu decken. Allerdings hat die Bank das Konto der verstorbenen Person gesperrt.
Damit Sie auf das Konto nun zugreifen können, brauchen Sie den Erbschein von dem zuständigen Nachlassgericht.
In diesen Fällen brauchen Sie keinen Erbschein
Die Beantragung eines Erbscheins ist immer mit zusätzlichen Kosten und Zeitaufwand verbunden. In vielen Fällen wird ein Erbschein jedoch nicht benötigt. Wenn Sie zum Beispiel eine Immobilie erben und den Grundbucheintrag berichtigen wollen, können Sie das auch ohne Erbschein erledigen, allerdings nur, wenn Sie diese aus einem notariell beglaubigten Testament oder Erbvertrag erhalten haben. Beim Grundbuchamt brauchen Sie dann nur die entsprechende letztwillige Verfügung sowie das Eröffnungsprotokoll.
Auch bei vielen Banken können Sie auf das Konto einer verstorbenen Person zugreifen, wenn sie über das handschriftliche Testament und die Eröffnungsniederschrift verfügen. Wenn Sie bereits zu Lebzeiten eine Kontrollvollmacht über das Konto der entsprechenden Person erhalten haben, können Sie nach Eintreten des Todesfalls ohnehin auf das Konto zugreifen.
So beantragen Sie einen Erbschein
Ein Erbschein muss immer persönlich und vor Ort beim zuständigen Nachlassgericht beantragt werden. Telefonische oder per Mail getätigte Antragstellungen sind bei der Beantragung eines Erbscheins nicht möglich.
Zuständig für Ihren Erbschein ist immer das Amtsgericht am letzten Wohnsitz der verstorbenen Person. Sie sollten sich telefonisch an das Gericht wenden und einen Termin vereinbaren.
Alternativ können Sie auch einen Notar mit der Erteilung eines Erbscheins beauftragen. Beachten Sie jedoch hier die zusätzlichen Kosten, die Ihnen der Notar in Rechnung stellen wird.

Wer kann einen Erbschein beantragen?
Jeder rechtmäßige Erbe ist auch berechtigt, einen Erbschein zu beantragen, auch wenn der Nachlass an eine Erbengemeinschaft vermacht wird. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie die Erbschaft durch ein Testament oder die gesetzliche Erbfolge erhalten haben. Einzige Voraussetzung für den Erbschein ist, dass Sie das Erbe angenommen haben.
Arten von Erbscheinen
Innerhalb des deutschen Erbrechts gibt es viele verschiedene Erbscheine, die auf die jeweilige Situation der Erbschaft angepasst sind. Im Folgenden gehen wir auf die wichtigsten Erbscheine und ihre jeweiligen Besonderheiten genauer ein.
Alleinerbschein
Der Alleinerbschein weist nach, dass Sie der einzig rechtmäßige Erbe für den entsprechenden Nachlass sind. Oftmals ist das der Fall, wenn sich der Erblasser für ein Berliner Testament entscheidet oder keine weiteren nahen Verwandten existieren.
Gemeinschaftlicher Erbschein
Weitaus häufiger wird jedoch ein gemeinschaftlicher Erbschein ausgestellt. Das ist immer dann der Fall, wenn ein Nachlass an mehrere Personen verteilt wird und somit eine juristische Erbengemeinschaft entsteht.
Auf dem gemeinschaftlichen Erbschein sind dann die jeweiligen Erbquoten der verschiedenen Erben aufgelistet. Folglich müssen diese erst ermittelt werden, was nicht in allen Fällen ohne Komplikationen verläuft. Mehr zum Thema Erbengemeinschaft können Sie hier nachlesen.
Des Weiteren müssen alle rechtmäßigen Erben die Erbschaft auch angenommen haben. Ansonsten wird nur ein Teilerbschein ausgestellt.
Teilerbschein
Ein Antrag auf Erteilung eines Teilerbscheins kann immer dann gestellt werden, wenn nicht alle Miterben die Erbschaft annehmen wollen oder sich noch nicht auf die richtige Verteilung des Nachlasses geeignet haben. Auf dem Teilerbschein steht dann entsprechend nur Ihre individuelle Erbquote.
Erbschein für Vor- und Nacherben sowie für Testamentsvollstrecker
Bei manchen Testamenten sind weitere Verfügungsbeschränkungen vorgesehen, wie etwa der Einsatz von Vor- und Nacherben. Dies ist zum Beispiel bei Behindertentestamenten der Fall. Hier können die entsprechenden Vor- und Nacherben einen speziellen Erbschein beantragen, der sie als solche ausweist.
Auch der im Testament oder Erbvertrag bestimmte Testamentsvollstrecker kann einen Erbschein beantragen, der diese Rolle nachweist. Zwar ist das in vielen Fällen nicht notwendig, da der Vollstrecker auch mit dem Testament beziehungsweise einer beglaubigten Kopie den Nachlass verwalten kann.
Europäischer Erbschein
Wenn die Erbschaft oder Teile davon sich im Ausland befinden, muss man seine Erbenstellung in dem entsprechenden Land nachweisen. Dazu benötigt man einen sogenannten Fremdrechtserbschein. Am besten informieren Sie sich vorher bei der Botschaft des Landes und stellen dort einen entsprechenden Antrag.
Seit 2015 gibt es für die Länder der EU einen sogenannten europäischen Erbschein, auch europäisches Nachlasszeugnis genannt. Dieser gilt dann als Erbschein in allen Ländern der Europäischen Union, mit Ausnahme von Dänemark und Irland.
Was wird benötigt um einen Erbschein zu beantragen?
Für die Erteilung des Erbscheins benötigen Sie eine Vielzahl von Dokumenten. Welche das genau sind, hängt von der Rechtsgrundlage der Erbschaft ab.
Bei einem Testament brauchen Sie neben einem gültigen Ausweisdokument noch den Testamentseröffnungsnachweis sowie die Annahmeerklärung der Erbschaft beziehungsweise den Nachweis, dass die Frist zur Ausschlagung der Erbschaft überschritten ist.
Wenn Sie Ihren Erbanteil durch die gesetzliche Erbfolge vermacht bekommen haben, brauchen Sie einen Nachweis, der Ihre Erbenstellung belegt. In der Regel sind das Geburts-, Heirats- oder Sterbeurkunden, die Ihr familiäres Verhältnis nachweist.
In beiden Fällen ist eine eidesstattliche Erklärung zwingend erforderlich, denn diese ist ein fester Bestandteil jedes Erbscheinverfahrens. So kann die Richtigkeit der Angaben gewährleistet werden, da sonst hohe Strafen drohen.
Kosten für den Erbschein
Wenn Sie einen Erbschein beantragen wollen, müssen Sie dafür beim Nachlassgericht entsprechende Gebühren zahlen. Die Kosten werden jedoch zu den sogenannten Nachlassverbindlichkeiten gezählt, die auf den Nachlass angerechnet werden können, was gegebenenfalls zu einer Reduzierung der zu zahlenden Erbschaftssteuer führt.
Die Kosten für den Erbschein sind von der Höhe des Nachlasses abhängig. Je höher der Wert der Erbschaft ist, desto höher sind auch die Gebühren für den Erbschein. Die Mindestgebühren betragen jedoch immer 35€. Die Kosten können jedoch schnell in die Höhe steigen, insbesondere wenn Immobilien Teil des Nachlasses sind.
Wer die Kosten für den Erbschein überprüfen will, kann sich hier an der bundesweit gültigen Gebührentabelle orientieren.
Dauer und Fristen
Die Dauer für die Erteilung eines Erbscheins ist von Fall zu Fall unterschiedlich und von vielen Faktoren abhängig. Sind alle rechtmäßigen Erben ermittelt? Ist das Testament eindeutig auslegbar? Gerade wenn eine Erbschaft an mehrere Erben vermacht wird, kann das Erbscheinverfahren durchaus lange dauern. In jedem Fall sollten Sie mit einer mehrwöchigen Bearbeitungszeit rechnen.
Generell gibt es keine Fristen bei der Beantragung eines Erbscheins. Sobald Sie jedoch sicher sind, dass Sie einen Erbschein benötigen, sollten Sie so schnelle wie möglich einen Erbschein beantragen.
Erbscheinverfahren
Wenn Sie einen Erbschein beantragen, kann das gegebenenfalls auch zu juristischen Komplikationen und Streitigkeiten führen. Vor allem, wenn aus einer Erbengemeinschaft eine Einzelperson einen Erbschein zu seinen Gunsten beantragt, führt das schnell zu Streit.
In diesem Fall werden alle anderen Erben über die Antragstellung informiert und haben die Möglichkeit, in Berufung zu gehen. Häufig wird dabei ein Testament angefochten beziehungsweise die Testierfähigkeit des Erblassers angezweifelt. Auch die Testamentsauslegung durch den Antragsteller kann im Zweifelsfall juristisch angefochten werden. Die Folgen sind oft langfristige juristische Verfahren, wobei die Beratung durch einen Anwalt unabdingbar wird.
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Die Beantragung eines Erbscheins kann eine komplexe Angelegenheit sein. Ein Anwalt kann Sie bei allen wichtigen Fragen beraten. Wird ein Erbschein benötigt? Welcher Erbschein ist für Ihre Zwecke am geeignetsten? Welche Dokumente brauchen Sie für den entsprechenden Antrag? Zusätzlich kann ein Anwalt Ihnen jeglichen Rechtsverkehr abnehmen.
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