Eine Erbschaft klingt grundsätzlich erst mal positiv. Für viele Erben in Deutschland ist das jedoch nicht der Fall, denn der Nachlass des Erblassers kann überschuldet oder die zu vererbende Immobilie baufällig sein. Zum Glück hat in Deutschland jeder das Recht, eine Erbschaft auszuschlagen. Wie Sie Ihr Erbe ausschlagen, welche Fristen es einzuhalten gilt und worauf Sie sonst noch achten sollten, erfahren Sie bei Recht auf Pflichtteil. Wir haben für Sie das wichtigste zusammengetragen, sodass Sie stets auf dem neuesten Stand sind.
Wann sollte ich eine Erbschaft ausschlagen?
Egal ob durch ein Testament oder durch die gesetzliche Erbfolge, wenn Sie als Erbe ausgewählt worden sind, geht ein Teil des Nachlasses auf Ihre Person über. Neben Geld, Immobilien, Schmuck oder Wertpapieren enthalten zahlreiche Nachlasse horrende Schulden, zum Beispiel aus noch ausstehenden Kreditzahlungen, offenen Unterhaltsansprüchen oder anderen nicht gezahlten Verträgen und Transaktionen. Wenn Sie die Erbschaft annehmen, erklären Sie sich auch bereit, die Schulden des Verstorbenen zu begleichen, was in einem finanziellen Desaster für Sie enden kann.
Das deutsche Erbrecht sieht jedoch vor, dass jeder Erbe auch die Möglichkeit hat, das Erbe auszuschlagen und die Schulden dadurch nicht zu übernehmen. Im Folgenden zeigen wir Ihnen verschiedene Szenarien, bei denen es sinnvoll sein kann, eine Erbschaft nicht anzunehmen.
Der Nachlass ist überschuldet
Wenn der Nachlass nicht aus Vermögen, sondern aus Schulden besteht, sollten Sie überlegen, das Erbe auszuschlagen. Am Ende müssen sie nämlich Ihr privates Vermögen für die Tilgung der Schulden des Verstorbenen verwenden.

Die Immobilie ist baufällig
Viele Erben nach dem Tod ihrer Eltern das Familienhaus, in dem sie Groß geworden sind. Auch wenn der emotionale Wert eines solchen Hauses nicht mit Geld aufgewogen werden kann, sollten Sie es sich gut überlegen, das Erbe anzunehmen, besonders wenn die Immobilie sanierungsbedürftig ist.
In Deutschland sind sie gegebenenfalls verpflichtet, für die Instandhaltung der Immobilie aufzukommen. Der Bau eines neuen Daches oder die Installation einer modernen Heizungsanlage kann schnell sehr teuer werden. Übernehmen Sie das Haus also nur, wenn Sie sich die Instandhaltung auch wirklich leisten können.
Der Erbe ist Privatinsolvent
Kommt es zu einem Erbfall, während Sie sich als Erbe in der Privatinsolvenz befinden, fällt die Hälfte des Ihnen zustehenden Erbes an den Insolvenzverwalter. Um das zu verhindern, können Sie die Erbschaft ausschlagen.
Der Erbe hat eigene Schulden
Sind Sie als Erbe selber verschuldet, ist die Frage nach der Annahme des Erbes oft knifflig. Einerseits bietet eine Erbschaft vielen Personen eine Chance, endlich schuldenfrei zu werden und einen Neuanfang zu wagen. Andererseits bleibt so das hart erarbeitete Vermögen Ihrer Verwanden nicht in der eigenen Familie, sondern geht an die Gläubiger über.
Erbschaftssteuer vermeiden
In manchen Fällen wird ein Erbe ausgeschlagen, um eine Erbschaftssteuer zu vermeiden. Vererbt zum Beispiel der Erblasser seinem Bruder ein großes Vermögen, kann es für die Familie des Bruders sinnvoll sein, das Erbe auszuschlagen, sodass die Kinder des Bruders das Vermögen erben können. Wird das Erbe nicht ausgeschlagen, müssten die Kinder im Falle des Todes ihrer Eltern auf den Nachlass zweimal Erbschaftssteuern zahlen – so wird die Erbschaft nur ein mal besteuert.
Erbbetrag erhöhen
In seltenen Ausnahmefällen schlagen Personen Ihre im Testament festgelegte Erbschaft aus, da der gesetzliche Pflichtteil der Erbschaft höher wäre als der im Testament bestimmte Betrag. So kann jedoch schnell Streit unter den Erben entstehen, schließlich wird der letzte Wille des Verstorbenen übergangen.
Erbe ausschlagen: So gehen Sie vor
Bevor Sie sich dazu entschließen, eine Erbschaft nicht anzutreten, sollten Sie sich einen Überblick verschaffen, wie sich der Nachlass des Erblassers genau zusammensetzt. Nur so können Sie sicher sein, dass aus der Ausschlagung der Erbschaft kein Nachteil für Sie entsteht.
Das Nachlassverzeichnis
Um einen Überblick zu erhalten, welche Wertanlagen, Immobilien und sonstigen Wertgegenstände Teil des Nachlasses sind, sollten sie gemeinsam mit den anderen Erben ein sogenanntes Nachlassverzeichnis erstellen.
In einem solchen Nachlassverzeichnis ist genau aufgezeichnet, wie viel die einzelnen Elemente des Nachlasses wert sind und welche Schulden als Folge der Erbschaft getilgt werden müssen. Oft ist das eine sehr mühselige Arbeit, bei der Sie auf externe Beratung angewiesen sind, um zum Beispiel den Wert einer Immobilie berechnen zu lassen.
Sie sollten in keinem Fall einen Erbschein beantragen, der Sie zum Beispiel für eine Auskunft über die Kontoverhältnisse des Verstorbenen berechtigt. Erhalten Sie nämlich einen Erbschein, gilt die Erbschaft als angenommen und Sie müssen für die Schulden aufkommen.
Ausschlagung der Erbschaft: Diese zwei Möglichkeiten haben Sie
Grundsätzlich haben Sie zwei Möglichkeiten, eine Erbschaft auszuschlagen, die wir Ihnen im nächsten Abschnitt zeigen.
Ausschlagungserklärung
Wenn Sie die Ihnen zustehende Erbschaft nicht antreten möchten, können Sie zu einem Notar gehen und eine offizielle Ausschlagungserklärung aufsetzen und vom Notar beglaubigen lassen. Anschließend reichen Sie das Formular bei dem zuständigen Nachlassgericht ein.
Das zuständige Nachlassgericht ist dabei immer das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser zuletzt wohnte, beziehungsweise das für Ihren Wohnsitz verantwortliche Amtsgericht.
Nachlassgericht
Um sich den Weg zum Notar zu sparen, können Sie sich auch direkt an das zuständige Nachlassgericht wenden, um Ihre Ausschlagung des Erbes persönlich anzukündigen. Dafür wird von jedem Erbe eine Gebühr von 30 Euro verlangt.
Sie sind in der Regel nicht verpflichtet, zu erklären, warum Sie ein Erbe ausschlagen möchten. Minderjährige Erben können außerdem Ihre Erbschaft nur ausschlagen, wenn der jeweilige Erziehungsberechtigte die Ausschlagungserklärung unterschreibt.
Diese Fristen müssen Sie einhalten
Die Einhaltung der gesetzlich vorgeschrieben Frist zur Ausschlagung einer Erbschaft sind von zentraler Bedeutung. In der Regel haben Sie eine Frist von 6 Wochen, innerhalb welcher Sie eine Erbschaft ausschlagen können. Diese Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, wo Sie von der Erbschaft erfahren haben.
Wird diese Frist nicht eingehalten, gilt die Erbschaft automatisch als angenommen und Sie müssen für die eventuellen Schulden aufgekommen. Nur in seltenen Fällen ist eine Anfechtung möglich. Achten Sie also unbedingt auf die Einhaltung der sechs Wochen Frist!
Erbe ausschlagen: Testament vs gesetzliche Erbfolge
Die Frage, ob Sie die Erbschaft durch ein Testament oder die gesetzliche Erbfolge werden, kann in einigen Fällen von großer Relevanz sein. Hinterlässt der Erblasser ein Testament, in dem Sie als Erbe eingesetzt werden, erhalten Sie eine Benachrichtigung durch das Nachlassgericht und können das Erbe gegebenenfalls ausschlagen. In der Regel ist dann auch im Testament geregelt, wer Ihren Anteil am Erbe erhalten soll.
Hat der Verstorbene jedoch kein Testament oder Erbvertrag hinterlassen, erhalten Sie keine Nachricht vom Gericht, denn dieses befindet sich nicht in der Bringschuld und geht daher davon aus, dass Sie vom Tode eines nahestehenden Verwandten erfahren werden. Schlagen Sie die Erbschaft aus, geht Ihr Anteil an die nächste Person in der gesetzlichen Erbfolge über. Wie genau die gesetzliche Erbfolge funktioniert und welche Reihenfolge gilt, können Sie in unserem anderen Artikel nachlesen.
Kann ich ein Erbe nur teilweise ausschlagen?
Bei einer Erbschaft gilt stets der Grundsatz ganz oder gar nicht. Wenn Sie eine Erbschaft ausschlagen, haben Sie also keinerlei Ansprüche auf Elemente des Nachlasses und auch Ihr Pflichtteilssanspruch verwirkt in diesem Fall. Sie können also nicht die Wertpapiere Ihrer Eltern annehmen und das baufällige Familienheim ausschlagen.
Auch auf persönliche Gegenstände des Verstorbenen, wie etwa Erinnerungsfotos oder Gegenstände mit emotionellen, aber ohne sachlichen Wert, haben Sie nach der Ausschlagung keinerlei Ansprüche. Wenn Sie und der Erblasser bereits wissen, dass der Nachlas überschuldet sein wird, kann es sinnvoll sein, noch zu Lebzeiten die Erinnerungsfotos und Gegenstände an den potentiellen Erben zu übergeben.
Erbe ausgeschlagen – Wer zahlt für die Beerdigung ?
Im Todesfall eines Angehörigen müssen auch die Beerdigungskosten von den Erben übernommen werden. Wenn Sie eine Erbschaft ausschlagen, werden diese Kosten auf den nächsten Erben übertragen. Lehnen alle potentiellen Erben die Erbschaft ab, tritt der Staat als Erbe auf, übernimmt aber nicht die Beerdigungskosten.
Die Kosten für die Beerdigung müssen also immer von den in der gesetzlichen Erbfolge festgelegten Personen getragen werden, selbst wenn alle das Erbe ausschlagen oder gestörte Familienverhältnisse herrschen.

Erbe ausgeschlagen – ist ein Widerruf möglich?
Wenn Sie eine Erbschaft angenommen oder ausgeschlagen haben, ist eine Widerrufung dieser Entscheidung nur in sehr seltenen Fällen möglich. Sie brauchen ausreichend Beweise, um das Gericht davon zu überzeugen, dass Sie nur unzureichend über die wahre Zusammensetzung des Nachlasses informiert worden waren.
Wenn Sie Ihre Entscheidung bezüglich der Erbschaft widerrufen wollen, sollten Sie sich unbedingt von einem Anwalt beraten lassen. Solche Widerrufsverfahren sind sehr komplex und haben oft nur geringe Erfolgsaussichten. Allerdings gibts es noch zwei weitere Möglichkeiten, mit einem verschuldeten Nachlass umzugehen, ohne dabei die Erbschaft auszuschlagen oder das eigene Vermögen für die Schuldentilgung zu verwenden.
Die Nachlassverwaltung
Sollte im Falle einer Erbschaft Unklarheit herrschen, wie hoch der Nachlass verschuldet ist, können Sie und Ihre Angehörigen beim Nachlassgericht eine Nachlassverwaltung beantragen. Die Nachlassverwaltung prüft dann genau, wie viel Vermögen und wie viel Schulden im Nachlass enthalten sind und nutzt das Vermögen, um die Schulden zu tilgen. Bleibt nach der Tilgung noch etwas übrig, wird der Betrag an die Erben ausgezahlt.
Der Einsatz einer Nachlassverwaltung kostet Sie Gebühren, hat aber den Vorteil, dass Sie nicht Ihr eigenes Vermögen für die Tilgung der Schulden verwenden müssen.
Letze Rettung: Das Nachlassinsolvenzverfahren
Falls Sie eine Erbschaft bereits angenommen haben und erst im Nachhinein erfahren, dass der Nachlass mehr Schulden als Vermögen enthält, ist ein Nachlassinsolvenzverfahren die letzte juristische Möglichkeit, um eine Verschuldung zu verhindern.
Das Nachlassinsolvenzverfahren ist jedoch ein komplexes Verfahren, welches mit hohen Gerichtsgebühren verbunden sein kann. Sie haben aber dadurch den Vorteil, dass Sie nicht für die Schulden des Erblassers in Haftung genommen werden können, obwohl Sie das Erbe bereits angenommen haben.
Erbe ausschlagen – Top-Beratung mit den Anwälten von Recht auf Pflichtteil
Die Ausschlagung einer Erbschaft sollte gut überlegt sein und erst nach sorgfältiger Prüfung durchgeführt werden. Um den Wert des Nachlasses zu ermitteln und die Folgen einer möglichen Ablehnung der Erbschaft zu vergewissern, sollten Sie sich von einem Anwalt beraten lassen.
Unsere Partnerkanzleien sind auf das Erbrecht spezialisiert und haben bereits unzählige Verfahren im Bereich des Erbrechts erfolgreich für Ihre Klienten geführt.
Auch wenn Sie eine Erbschaft bereits angenommen haben und ein Widerrufsverfahren, eine Nachlassverwaltung beziehungsweise ein Nachlassinsolvenzverfahren einleiten wollen, können Sie auf die Hilfe unserer Anwälte zählen.
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