Erbschaftssteuer in Deutschland – ein Überblick

Erbschaftssteuer in Deutschland – ein Überblick

Wer eine Erbschaft antritt, muss in der Regel eine Erbschaftssteuer zahlen. Global gesehen hat Deutschland sogar eine recht hohe Erbschaftssteuer und belegt im Ranking der Länder mit der höchsten Erbschaftssteuer Platz 8. In Wirklichkeit sind die Einnahmen des deutschen Staates aus der Erbschaftssteuer aber nur gering, denn es gibt zahlreiche Faktoren, welche die Erbschaftssteuer verringern oder ganz aussetzen.

Bei Recht auf Pflichtteil erfahren Sie alle wichtigen Informationen zum Thema Erbschaftssteuer. Wir zeigen Ihnen, wie Sie eine hohe Erbschaftssteuer vermeiden und welche Besonderheiten in der komplexen Gesetzgebung für Erbschaftssteuer existieren!

Erbschaftssteuer – Wer muss steuern zahlen?

Wenn bei einer Erbschaft eine der Parteien – also Erblasser oder Erbe – in Deutschland ihren ständigen Wohnsitz haben, müssen auf die Erbschaft Steuern gezahlt werden. Auch bei einer sogenannten Vererbung von Inlandsvermögen werden Steuern fällig. Das gilt insbesondere für Immobilien oder Vermögensanteile an einem deutschen Unternehmen in Höhe von mindestens 10 %.

Die Erbschaftssteuer muss außerdem nur bei Annahme des Erbes bezahlt werden. Wenn Sie also ein Erbe ausschlagen, entstehen für Sie keine Kosten.

Höhe der Erbschaftssteuer

Die Höhe der Erbschaftssteuer hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zunächst muss der Wert des Erbes beachten werden. Je mehr Sie erben, desto mehr Steuern müssen Sie potentiell zahlen. Die verschiedenen Erben werden in 3 Steuerklassen unterteilt, die sich am jeweiligen Verwandtschaftsgrad zwischen Erblasser und Erben orientieren. Die Steuerklassen bei einer Erbschaft unterscheiden sich also grundsätzlichen von den herkömmlichen Steuerklassen der Einkommenssteuer.

Der wichtigste Faktor bei der Ansetzung der Erbschaftssteuer sind die jedoch Freibeträge. Wie die Steuerklassen orientieren auch sie sich am Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser.

Wie viel Sie als Erbe erhalten, wird oft von der gesetzlichen Erbfolge bestimmt. Bevor wir uns die Freibeträge im Detail anschauen, lohnt sich ein kurzer Ausblick auf die Regelung der Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge

In Deutschland werden 2/3 aller Erbschaften ohne Testament vollzogen. In solchen Fällen werden die Anteile des Erbes von der gesetzlichen Erbfolge bestimmt, was dann wiederum für die Berechnung der Steuer entscheidend ist.

Insgesamt gibt es 4 verschiedene Ordnungen bei einer Erbschaft, die sich an dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser orientieren. Hier eine kurze Übersicht:

1. Ordnung: Kinder, Enkel und weitere direkte Nachfahren

2. Ordnung: Eltern, Geschwister und weitere Nachkommen

3. Ordnung: Großeltern, Onkel, Tante und deren weitere Abkömmlinge

4. Ordnung: Urgroßeltern, Großonkel, Großtante und deren Abkömmlinge

Neben diesen Ordnungen gibt es noch das Ehegatten-Erbrecht. Ehepartner sind laut dieser Regelung grundsätzlich erbberechtigt. In unserem Artikel zur gesetzlichen Erbfolge können Sie alle Details und Besonderheiten der gesetzlichen Erbfolge nachlesen.

Erbschaftssteuer – Diese Steuerklassen gibt es

Die verschiedenen Steuerklassen sind den Ordnungen bei einer Erbschaft sehr ähnlich, jedoch nicht identisch. Grundsätzlich gibt es drei Steuerklassen:

Steuerklasse I: Ehepartner, ingetragene Lebenspartner, Kinder, Stiefkinder, Enkel, Urenkel

Steuerklasse II: Geschwister, Nichten, Neffen, Stiefeltern, Schwiegerkinder, Schwiegereltern, geschiedene Ehepartner und getrennte Lebenspartner

Steuerklasse III: alle sonstigen Erben

Die Höhe der verschiedenen Steuerklassen

Grundsätzlich ist die Erbschaftssteuer der verschiedenen Steuerklassen von dem Wert des gesamten Nachlasses abhängig. Bei einer großen Erbschaft müssen also mehr Steuern gezahlt werden:

Höhe der Erbschaftssteuer Steuerklasse ISteuerklasse IISteuerklasse III
bis zu 75.000 €7%15%30%
bis zu 300.000 €11%20%30%
bis zu 600.000 €15%25%30%
bis zu 6.000.000 €19%30%30%
bis zu 13.000.000 €23%35%50%
bis zu 26.000.000 €27%40%50%
mehr als 26.000.000 €30%43%50%

Auch wenn in der Tabelle die zu zahlende Erbschaftssteuer – besonders bei den Steuerklassen II und III hoch aussehen, ist die reale Summe der Erbschaftssteuer viel kleiner, da die Freibeträge noch berücksichtigt werden müssen.

Freibeträge bei der Erbschaftssteuer

In Deutschland gibt es bei der Erbschaftsteuer zahlreiche Freibeträge, die wie die Steuerklassen vom Verwandtschaftsgrad zwischen Erblasser und Erbe abhängen. Wir haben für Sie einen Überblick erstellt:

Verhältnis zum ErblasserFreibetragSteuerklasse
Ehepartner und eigetragene Lebenspartner500.000 €1
Kinder und Stiefkinder 400.000 €1
Enkel mit verstorbenen Eltern 400.000 €1
Urenkel, Eltern und Großeltern100.000 €1
Geschwister, Neffen und Nichten 20.000 €2
Stiefeltern, Schwiegerkinder und Schwiegereltern20.000 €2
Geschiedene Ehepartner und getrennte Lebenspartner20.000 €2
Alle sonstigen Erben 20.000 €3

Wenn Sie eine Erbschaft antreten, deren Wert den Freibetrag nicht überschreitet, müssen Sie keine Erbschaftssteuer zahlen. Die über dem Freibetrag liegende Summe wird dann mit der Erbschaftssteuer der entsprechenden Steuerklasse verrechnet.

Allerdings sieht das Erbschaftssteuergesetz für bestimmte Personengruppen und Umstände weitere Freibeträge vor. Selbst wenn Ihre Erbschaft also den Freibetrag überschreitet, müssen Sie unter bestimmten Umstände keine Erbschaftssteuer zahlen.

Weitere Freibeträge

Die wenigsten Erben sind ausreichend über die Erbschaftssteuer aufgeklärt. Auch die Existenz weitere Freibeträge ist nur wenigen bekannt. Wer aber die Erbschaftssteuer möglichst gering halten möchte, sollte sich auch über die drei weiteren Formen der Freibeträge informieren.

Versorgungsfreibetrag

Der wichtigste zusätzliche Freibetrag ist der sogenannte Versorgungsfreibetrag. Diesen erhalten allerdings nur bestimmte Person. Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder, Stiefkinder und Enkel mit bereits verstorbenen Eltern sind für den Erhalt des Versorgungsfreibetrags berechtigt. Bei den Kindern ist die Höhe des Versorgungsfreibeitrages vom Alter abhängig. Die genauen Summen können Sie unserer Tabelle entnehmen:

Verhältnis zum Erblasser Freibetrag
Ehepartner und eingetragene Lebenspartner 256.000 €
Kinder bis 5 Jahre 52.000 €
Kinder zwischen 6 und 10 Jahren 41.000 €
Kinder zwischen 11 und 15 Jahren 30.700 €
Kinder zwischen 16 und 20 Jahren 20.500 €
Kinder zwischen 21 und 27 Jahren10.300 €

Steuerfreie vs besteuerte Versorgungsbezüge

Der Versorgungsfreibetrag wird im Falle einer Erbschaft auf die normalen Freibeträge angerechnet. Den vollen Versorgungsfreibetrag können Sie allerdings nur ausschöpfen, wenn Sie durch das Erbe keine weiteren steuerfreien Versorgungsbezüge erhalten.

Wenn der Erblasser zu Lebzeiten privat für den Fall seines Todes vorgesorgt hat – zum Beispiel durch eine Lebensversicherung – muss der Erbe Erbschaftssteuern auf den privaten Versorgungsbezug zahlen. Da hier bereits Erbschaftssteuern bezahlt wurden, kann der Erbe den vollen Versorgungsfreibetrag ausschöpfen.

Anders sieht es bei gesetzlichen Versorgungsbezügen aus. Erhalten Sie als Erbe etwa eine Witwenrente, müssen Sie den Kapitalwert der Witwenrente auf den Ihnen zu stehenden Versorgungsfreibetrag anrechnen. Der Kapitalwert wird dabei mit einem Multiplikator vervielfacht, der vom Finanzministerium regelmäßig herausgegeben wird und sich am Alter des Erben orientiert.

Beispiel Versorgungsbezüge

Nachdem Tod seiner Frau erhält Gustav eine Witwerrente von 670 Euro im Monat. Zum Zeitpunkt der Erbschaft ist er 65 Jahre alt.

Um den Versorgungsfreibetrag auszurechnen, muss zunächst der Jahreswert der Witwerrente ermittelt werden. Bei 670 Euro monatlich ergibt das einen Gesamtbetrag von 8040 Euro. Aus der Tabelle des Bundesfinanzministeriums entnimmt Gustav den Multiplikator, mit dem der Jahreswert multipliziert werden muss. Für männliche Erben im Alter von 65 Jahren beträgt dieser 11,413. Insgesamt ergibt die Rechnung eine Summe von 91 760,52 Euro. Dieser Wert muss nun auf den Versorgungsfreibetrag angerechnet werden. Gustav kann also zu seinem normalen Freibetrag einen Versorgungsfreibetrag in Höhe von 164.239,48 Euro beziehen. Zusammen ergeben seine Freibeträge eine Summe von 664.239,48 Euro.

Pflegefreibetrag

Ein weiterer zusätzlicher Freibetrag ist der Pflegefreibetrag, den überlebende Ehepartner und Kinder erhalten können. Diesen Freibetrag können Sie allerdings nur erhalten, wenn Sie den Verstorbenen zu Lebzeiten unentgeltlich oder nur mit geringem Ausgleich gepflegt haben. Die maximale Summe des Pflegefreibetrags beträgt 20.000 Euro.

Damit Sie den Pflegefreibetrag erhalten können, ist es wichtig, dass Sie die genauen Kosten der Pflege dokumentieren. So können Sie später belegen, dass für Sie Mehrkosten durch die Pflege Ihres Angehörigen entstanden sind.

Freibetrag für den Nachlass

Neben den normalen und zusätzlichen Freibeträgen erhalten Sie einen Freibetrag auf bestimmte Elemente des Nachlasses. Die Höhe orientiert sich dabei an der Art des Gegenstandes sowie Ihrer Steuerklasse nach der Erbschaftssteuer.

Für Gegenstände des Hausrats – zum Beispiel Elektronik, Bücher, Wäsche und Möbel – erhalten Erben der Steuerklasse I einen Freibetrag von 42.000 Euro. Auf bewegliche Gegenstände, also etwa ein Auto oder Motorrad, erhalten Erben der Steuerklasse I einen Freibetrag von 12.000 Euro.

Alle Erben anderer Steuerklassen erhalten auf den Hausrat und bewegliche Gegenstände einen Freibetrag von maximal 12.000 Euro.

Sonderfall Immobilie: So berechnen Sie die Erbschaftssteuer

Wenn Sie eine Immobilie erben, gelten die gleichen Freibeträge wie bei anderen Wertgegenständen – das Steuerrecht macht hier keine Unterscheidung. Da Immobilien aber in der Regel einen hohen Wert haben, wird in vielen Fällen eine Erbschaftssteuer fällig.

Wie viel Erbschaftssteuer Sie zahlen müssen, ist also vom Wert der Immobilie abhängig. Der Wert richtet sich nach dem sogenannten Verkehrswert, also die Summe, die Sie beim Verkauf der Immobilie erhalten würden. Das Steuerrecht hat hier aber einige Ausnahmen, in welchen Sie die Immobilien steuerfrei erben können.

Immobilien steuerfrei erben: Das müssen Sie beachten

Wenn Sie eine vererbte Immobilie als Familienheim nutzen, müssen Sie als Ehepartner keine Erbschaftssteuer zahlen. Das gilt allerdings nur, wenn Sie mindestens zehn Jahre in der Immobilien wohnen werden, insofern Sie nicht wegen dringender Gründe den Wohnort wechseln müssen.

Kinder oder Enkelkinder des Erblassers können die Immobilie ebenfalls steuerfrei erben, wenn Sie zehn Jahre in der Immobilie wohnen werden. Dafür darf die Wohnfläche der Immobilie aber nur maximal 200 Quadratmeter betragen.

Änderung Steuerecht bei Immobilien 2024

In diesem Jahr hat die Bundesregierung ein neues Gesetz verabschiedet, welches sich auf die Erbschaftsteuer bei Immobilien auswirkt. Durch das Gesetz verändert sich die Berechnung des Werts der Immobilie, sodass sich ein höherer Verkehrswert für die Immobilie ergibt. Folglich muss in mehr Fällen eine Erbschaftsteuer gezahlt werden, da der Wert der Immobilie über den jeweiligen Freibeträgen liegt.

Es gibt aber einige Möglichkeiten, wie Sie eine Erbschaftsteuer für die Erben Ihres Vermögens generell verhindern können.

Vermeidung von Erbschaftsteuern

Wenn Sie ein großes Vermögen oder ein teures Haus vererben werden, haben Sie die Möglichkeit, die Erbschaftsteuern für Ihre Erben zu vermeiden beziehungsweise zu verringern. Gerade für Immobilienerben kann die Erbschaft teuer werden, wenn der Wert der Immobilie über dem Freibetrag liegt.

Eine Möglichkeit zur Vermeidung der Erbschaftsteuer ist eine bereits zu Lebzeiten vollzogene Schenkung. Auf diese muss zwar auch eine Schenkungsteuer gezahlt werden, aber auch hier gibt es wieder zahlreiche Freibeträge und Sonderfälle. In der Regel ist die Schenkungsteuer geringer als die Erbschaftsteuer, sodass die Erben eine geringere finanzielle Belastung haben.

Eltern können zum Beispiel jedem Kind alle zehn Jahre eine Schenkung in Höhe von 400.000 Euro geben – und das pro Elternteil. Wenn Sie also ein Haus oder Wohnungen im Wert von 700.000 Euro besitzen, können beide Elternteile dem Kind jeweils die Hälfte steuerfrei schenken.

Alternativ zur Schenkung können Sie Ihr Testament so einrichten, dass die Freibeträge für jeden Erben eingehalten werden. Dafür sollten Sie sich von einem Anwalt für Steuerrecht beraten lassen.

Absetzung der Erbschaftsteuer

Neben den verschiedenen Möglichkeiten zur Vermeidung der Erbschaftsteuer können Sie einen bestimmten Teil von der Erbschaftsteuer absetzten und so zusätzlich Geld sparen. Das sind zum einen Kosten für die Beerdigung – also Grabstein, Bestattung und Grabpflege – sowie Kosten, die durch die Erbschaft entstanden sind. Dazu zählen zum Beispiel die Kosten für die Öffnung des Testaments oder der Beantragung eines Erbscheins.

Pauschal können Sie hier einen Betrag von 10.300 Euro von der Steuer absetzen. Alle darüber hinaus gehende Kosten müssen Sie beim Finanzamt vorzeigen und belegen können.

Beratung zur Erbschaftsteuer mit den Steuerexperten von Recht auf Pflichtteil

Eine Erbschaft kann eine komplizierte Angelegenheit werden – sowohl als Erblasser als auch als Erbe. Viele juristische Feinheiten müssen beachtet werden. Früher oder später sind aber die Meisten mit einer Erbschaft konfrontiert.

Jedes Jahr werden in Deutschland Millionen Euro vererbt. Vergleichsweise ist die Erbschaftsteuer hierzulande hoch – auch wenn die zahlreichen Freibeträge für viele eine finanzielle Entlastung darstellen. Gerade bei höheren Erbschaften und wertvollen Immobilien müssen jedoch viele eine Erbschaftsteuer zahlen. Das kann besonders für Personen mit mittlerem Einkommen eine große Herausforderung sein.

Um im Fall einer Erbschaft Komplikationen mit der Erbschaftsteuer zu vermeiden, sollte Sie sich von einem Anwalt des Steuerrechts beraten lassen – egal ob als Erblasser oder Erbe. Mit den Experten von Recht auf Pflichtteil bekommen Sie eine umfangreiche Beratung und können so das maximale aus Ihrer Erbschaft herauszuholen. Unsere Partnerkanzleien sind auf das Steuerrecht bei Erbschaften spezialisiert und konnten bereits unzählige Kunden beraten und ihre Interessen juristisch durchsetzen.

Profitieren auch Sie von unserer Expertise und vereinbaren Sie noch heute einen kostenlosen Beratungstermin. Gemeinsam helfen wir Ihnen, Ihre Erbschaft so einzurichten, dass für Ihre Familie keine finanzielle Belastung durch die Erbschaft entsteht.